Autonome LKW – Was machen die Fahrer?

Die nächsten zehn Jahre werden den Gütertransport auf der Straße radikal verändern. Wo es sie noch gibt, werden die Fahrer völlig neue Rollen einnehmen.

Der Transport der Zukunft ist intelligent, vernetzt und automatisiert. In der öffentlichen Debatte wird der Einsatz autonomer Nutzfahrzeuge nicht so stark diskutiert wie das Thema automatisierter Pkw. Wahrscheinlich, weil es die meisten Menschen nur mittelbar betrifft. Dabei schreitet die Entwicklung in diesem Bereich rasant voran. Fahrerlose Lkw könnten deutlich früher über die Straßen rollen als erwartet. Verglichen mit dem Verkehr in städtischen Gebieten, sind die Herausforderungen für die Automatisierung des Transportes auf Autobahnen weniger komplex. Gleichzeitig ist der betriebswirtschaftliche Vorteil autonomer Transporte enorm. In der eher gerinmargigen Logistik-Branche ist das ein entscheidendes Argument. Daher überrascht es nicht, dass alle etablierten Hersteller, große Logistik-Dienstleister und zahlreiche Start-Ups das Thema autonome LKW vorantreiben.

Sie alle arbeiten mit Hochdruck an der Automatisierung ihrer Fahrzeuge. Wohin die Reise geht, zeigen Pilotprojekte wie der Testbetrieb der MAN Platooning-Technologie. Auf der A9 zwischen Nürnberg und München sind seit 2018 selbstfahrende Lastwagen für Schenker unterwegs, der erste Praxiseinsatz vernetzter Lkw-Kolonnen in Deutschland. Zwei Lastwagen mit Anhängern fahren im Abstand von 15 Metern die A9 entlang. Der vordere Lastwagen wird noch von einem Fahrer gelenkt, den hinteren steuert ein Computer. Auch Volvo Trucks testet autonome Lkw. Die Zugmaschine Volvo Vera ist ein autonomes Elektrofahrzeug, das auf gängige Container und Auflieger ausgelegt ist und mit deutlich geringeren Abgasemissionen und niedrigen Geräuschpegeln unterwegs ist. Es wurde auf der letztjährigen IAA vorgestellt und verfügt nicht einmal mehr über eine Fahrerkabine. Gesteuert und überwacht wird es von einer Leitzentrale.

Die nächsten zehn Jahre werden einen stufenweisen Übergang von Fahrerassistenzsystemen (Level 1 bis 2) bis hin zum hochautomatisierten Fahren (Level 4) zeigen. Experten gehen von einer breiteren Einführung von Level-4-Lkw um das Jahr 2025 aus. Bis 2030 könnten komplett autonom fahrende Lkw auf den Straßen unterwegs sein (Level 5). Entscheidend sind dabei weniger technologische Hürden, sondern die Gesetzeslage. Dies führt zu Unsicherheiten in der Prognose, wann fahrerlose Lkw standardmäßig zum Einsatz kommen. Noch schreibt das Gesetz vor, dass ein Fahrer zumindest an Bord sein muss.

Berufskraftfahrer – ein zukunftssicherer Job?

Die zunehmende Automatisierung des Lkw wirft eine wichtige Frage auf: Wie zukunftssicher ist der Fahrerberuf? Immer wieder hervorgehoben werden die Vorteile autonom fahrender Lkw. Die Einsatzzeiten der Fahrzeuge können erhöht werden. Ruhe- und Leerlaufzeiten entfallen. Ein kontinuierlicher Warenfluss, eine höhere Liefergenauigkeit sind möglich. Die höhere Effizienz verspricht radikal niedrigere Betriebskosten. Geschätzt wird, dass die Digitalisierung der Logistik und autonome Lkw zu einer Kostenersparnis von 25 bis zu 40 Prozent pro Kilometer führen werden. Um es klar zu benennen: Der größte Teil dieser Ersparnisse wird durch die Reduktion von Personal erzielt werden. Wie werden sich das Anforderungsprofil und die konkreten Tätigkeiten des Lkw-Fahrers verändern, wenn dieser unbeschäftigt nur noch als allerletzte Sicherheitsinstanz (Level 4) oder überhaupt nicht mehr (Level 5) gebraucht wird? Von einer Entlastung des Fahrers während monotoner Autobahnfahrten und längeren Ruhezeiten etc. zu sprechen, verschleiert teilweise den Umstand, dass dieser immer weniger gefordert wird und damit ein ganzes Berufsbild an Attraktivität verliert. Bereits heute dürfte sich der potenzielle Nachwuchs die Frage stellen, ob sich eine Ausbildung zum Berufskraftfahrer noch lohnt.

Fahrermangel vs. Automatisierung

Ein großer Teil der Berufskraftfahrer wird in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen. Bereits heute fehlen der Branche rund 45.000 Fahrer, in den nächsten zehn Jahren soll sich diese Zahl mehr als vervierfachen. Diskussionen über die Zukunftssicherheit des Fahrerberufes dürften zu Verunsicherungen beim Nachwuchs führen und den Fahrermangel sogar noch verstärken. Die Automatisierung könnte vor diesem Hintergrund ein wirksames Instrument sein, dem Fahrermangel entgegenzuwirken. Allerdings ist davon auszugehen, dass der Fahrermangel und Rationalisierungseffekte durch die Automatisierung sich zu einem Zeitpunkt X überschneiden werden und mit einer breiten Einführung von Level-5-Fahrzeugen, Arbeitsplatzverluste drohen bzw. Fahrer andere, möglicherweise völlig neue Aufgaben übernehmen müssen. Doch welche könnten das sein? Mögliche Antworten bieten diese drei denkbaren Szenarien für das Jahr 2029 mit jeweils unterschiedlichen Anforderungsprofilen. Die Szenarien sind weniger als ein ‘Entweder-oder’ als ein ‘Sowohl-als-auch’ zu verstehen. Sie können parallel oder in zeitlicher Abfolge ineinandergreifen.

1. On-Board-Manager

Ändert sich die Gesetzlage nicht wir weiter ein Fahrer an Bord sein müssen, um im Notfall eingreifen und das Fahrzeug übernehmen zu können. Tatsächlich wird der Fahrer aber fast 100 Prozent seiner Zeit mit anderen Aufgaben wie der Kommunikation mit den Kunden, der Datenpflege (digitale Frachtpapiere, Protokolle etc.), der Überwachung des Zustandes der Ladung und der Instandhaltung des Fahrzeuges verbringen. Auch die Kontrolle von 3D-Druck-Prozessen an Bord wird in seiner Zuständigkeit liegen. Ein geringeres Stresslevel und ein vielseitigeres Tätigkeitsprofil werden die Attraktivität des Berufes erhöhen.

2. Remote Driver

Bei einer stärkeren Liberalisierung wir die gesamte Logistik automatisiert werden. Autonome Lkw benötigen dann keinen Fahrer mehr an Bord. Sie müssen aber fernüberwacht werden. Der Remote Driver wird zehn oder mehr Lkw von einem Remote-Monitoring-Zentrum aus kontrollieren und von einer deutlich verbesserten Work-Life-Balance profitieren, da Überstunden entfallen und er in der Nähe seines Zuhauses arbeitet. Dadurch wird der Beruf auch für die Generationen Y und Z an Attraktivität gewinnen.

3. Kurzfahrer

Durch die weiter voranschreitende Globalisierung und den boomenden Internethandel wird der Gütertransport weiter stark steigen. Während der Warentransport auf Langstrecken vollständig automatisiert werden wird, nimmt der Bedarf an Fahrern im innerstädtischen Bereich (letzte Meile) sowie zwischen Produktions- und Umschlagplätzen und den großen Logistik-Hubs möglicherweise weiter stark zu, da hier gesetzlich immer noch ein Fahrer vorgeschrieben sein könnte oder andere Prozessanforderungen einen Fahrer notwendig machen. Durch den lokal begrenzten Einsatzbereich und steigende Löhne wird der Beruf an Attraktivität gewinnen. Fahrer werden hier stärker in eine Service-Rolle kommen, da sie oft das einzige Gesicht sein werden, dass Kunden von Internethändler sehen werden..

Alle Szenarien setzen in unterschiedlichem Umfang eine Neuausrichtung des Fahrerberufs voraus. Wie in allen Branchen werden sich durch die Digitalisierung und Automatisierung Qualifikationen den Erfordernissen entsprechend anpassen und Arbeitsplätze teilweise in neue Berufe, die heute noch gar nicht vorstellbar sind, verlagern. Je größer der Zeithorizont, der dabei betrachtet wird, umso radikaler ist diese Transformation zu denken.

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