Wird so 100% regenerative Energie möglich?

Dr. Pero Mićić

Regenerative Energie ist super. Aber es gibt dabei ein großes Problem. Der Wind weht nicht, die Sonne scheint nicht immer dann, wenn wir den Strom brauchen. Wir müssen Strom also in großem Maße speichern. Aber es ist bei weitem zu wenig Speicherkapazität verfügbar für noch viel mehr regenerative Energie. Deshalb sagen so viele, dass die Energiewende scheitern wird. Aber wird sie wirklich scheitern?

Stromspeicher sind ein riesiger Zukunftsmarkt! Und zwar nicht nur für die Stromkonzerne, sondern praktisch für jedes Unternehmen, direkt oder indirekt. Vermutlich auch für Ihres! Ich stelle gleich einen Energie-Speicher vor, der technisch einfach, sehr umweltfreundlich und gleichzeitig sehr rentabel ist. Ich stelle Ihnen alle Vor- und Nachteile vor. Ich führe auch ein Interview mit dem Entwickler Prof. Heindl. Und am Ende gebe ich Ihnen meine Einschätzung dazu, ob das ein Zukunftsmarkt wird.

Wie speichern wir Strom heute?

Weltweit wird Strom zu über 95% in Pumpspeicherkraftwerken gespeichert. Überschüssiger Strom wird gespeichert, indem man damit Wasser auf einen Berg hochpumpt. Braucht man den Strom wieder, läuft das Wasser bergab über Stromgeneratoren. Bislang gibt es keine anderen großtechnischen Anlagen in Anwendung, die bei Kosten und Effizienz konkurrenzfähig wären. Warum nicht einfach mehr davon bauen? Weil ein Pumpspeicherwerk ein enormer Eingriff in die Natur ist, weil es deshalb nicht mehr viele geologisch geeignete und für die Bevölkerung akzeptable Standorte gibt, und weil sie sehr teuer sind.

Lage-Energie-Speicher

Professor Eduard Heindl aus Furtwangen hat ein sehr visionäres und doch einfaches Konzept zur Stromspeicherung entwickelt, den Hydraulischen Lage-Energie-Speicher. Wir könnten nämlich Berge als Akkus verwenden, oder die Erde selbst.

Man sägt also einen Zylinder aus der Erde heraus, festigt diesen Bohrkern und dichtet alles gut ab. Will man Strom speichern, verwendet man ihn, um Wasser unter den Bohrkern zu pumpen und damit anzuheben. So wird Lage-Energie gespeichert, indem man die Schwerkraft nutzt. Braucht man den Strom wieder, lässt man den Bohrkern wieder absinken. Das Wasser läuft über Turbinen in ein Speicherbecken zurück und wandelt so die Lage-Energie in Strom um.

Je größer der Speicher, umso wirtschaftlicher ist die Anlage: Bei einem Durchmesser von 250 Metern hat sie eine Speicherkapazität von 8 GWh, wie das größte Pumpspeicherkraftwerk in Goldisthal in Deutschland. Damit können rund zwei Millionen Menschen für einen Tag mit Strom versorgt werden. Investition: 1,1 Milliarden.

Je größer man baut, desto effizienter wird die Anlage. Verdoppelt man Durchmesser und Höhe, vervierfacht sich die Investition, aber die Kapazität wird effektiv zehnmal größer.

Bei 500 Meter Durchmesser sind es 80 GWh Kapazität. Davon würden 20 Anlagen für ganz Deutschland für einen Tag Stromversorgung reichen. Baut man die Anlage auch entsprechend tiefer, können es bis zu 128 GWh werden, so dass 14 Anlagen für den Strombedarf Deutschlands an einem Tag reichen könnten.

Es geht natürlich auch in viel kleinerem Maßstab für eine Stadt, einen Betrieb oder eine Siedlung. Dann allerdings deutlich weniger effizient, also deutlich teurer pro kWh.

Das ganze Interview mit Prof. Heindl

Wie schätzen wir das Potenzial ein?

Machen wir dazu mal eine Argumentenbilanz. Was sind Plus-Argumente dafür, dass das ein Zukunftsmarkt wird. Und was sind Minus-Argumente dagegen? Und bitte, diskutieren Sie mit. Welche Argumente sehen Sie anders? Welche Argumente fehlen Ihnen? Die technischen Aussagen können Sie übrigens alle auf der Website von Prof. Heindl nachlesen und nachprüfen.

Plus-Argumente

1. Lebensqualität

1.1 Wenn es um Zukunftsmärkte geht, fragen viele, ob wir denn wirklich immer mehr Wachstum brauchen und noch mehr Ressourcen benötigen und verbrauchen. Aber was soll denn eigentlich wachsen? Aus meiner Sicht, nichts anderes als die Lebensqualität der Menschen und zwar auf der ganzen Erde.

1.2 Mit solchen Speichern könnte potenziell unser Strom zu 100% regenerativ erzeugt werden. Staudämme und Pumpspeicher können kaum noch gebaut werden. Das begrenzt das Potenzial regenerativer Energie. Lage-Energie-Speicher aber eröffnen ganz neue Möglichkeiten. Solche Lösungen würden es glaubwürdig möglich machen, unseren gesamten Strombedarf regenerativ zu decken. Die Umweltbelastung durch unsere Energiegewinnung könnte stark reduziert werden. Das Potenzial für Nachhaltigkeit, oder wie manche Leute das nennen, für Enkeltauglichkeit, ist natürlich enorm. Mit mehr Lage-Energie-Speichern und damit mehr regenerativer Energie hinterlassen wir zukünftigen Generationen nicht nur keine Schäden, sondern sogar eine bessere Welt.

2. Technik

2.1 Die Physik, Mathematik und das technische Konzept sind überzeugend. Das ist vielfach untersucht worden. Mit 80% ist der Wirkungsgrad sehr hoch.

2.2 Die Lebensdauer der Anlagen beträgt deutlich über 80 Jahre. Mit guter Wartung aber im Prinzip unbegrenzt.

3. Ökologie

3.1 Gravity Storage braucht keinerlei kritische Rohstoffe wie Kobalt. Selbst wenn alles schiefgeht, liegt der Zylinder aus Erde und Gestein immer noch dort, wo er früher auch lag.

3.2 Die Landnutzung ist relativ gering, wenn wir sie mit Pumpspeicherkraftwerken vergleichen.

4. Finanzen

4.1 Die Wirtschaftlichkeit ist ebenfalls überzeugend. Das ist ein rentables Investment. Für Investoren wären solche Anlagen mit hoher Wahrscheinlichkeit ein lohnendes Geschäft.

4.2 Vergleichen mit Pumpspeicherwerken ist der Investitionsbedarf relativ gering. Die Investition für die kleinste sinnvolle Anlage schätzt Prof. Heindl auf 300 Millionen Euro. Für größere Anlagen wie dargestellt ab 1,1 Mrd. Euro. Das sind geringe Kosten im Vergleich zu Pumpspeichern und Staudämmen. Die Bauzeit beträgt drei Jahre.

5. Markvolumen

5.1 Es gibt in Zukunft weltweit einen riesigen potenziellen Bedarf für Stromspeicher. Der Bau der Anlagen hat schon enormes Marktpotenzial, weil es große Bauprojekte sind, die vielen Unternehmen Aufträge verschaffen.

5.2 Der Betrieb der Anlagen hat ein noch größeres Marktpotenzial, weil die Anlagen ja über viele Jahrzehnte laufen. Ihr Geld verdienen Energiespeicher damit, dass sie Energie speichern, wenn sie preiswerter ist und sie wieder abgeben, wenn sie teurer ist. Und das mit möglichst hoher Umschlaghäufigkeit.

5.3 Noch fehlt offenbar der Mut, oder anders, die Bereitschaft von Investoren, das im Prinzip gar nicht so große Risiko einzugehen. Aber: Vor kurzem hat ein anderes Unternehmen in diesem Markt, Energy Vault, 100 Mio. USD von Softbank bekommen, obwohl es ökonomisch deutlich weniger skalierbar ist als die Lösung von Prof. Heindl. Energy Vault baut Energiespeichertürme, stapelt Betonblöcke oder Blöcke aus Bauschutt aufeinander, um Energie zu speichern. Strom wird erzeugt, wenn die Blöcke wieder an Seilen abgelassen werden, die über Generatoren laufen. Das Potenzial von Lage-Energie-Speichern wird also allmählich erkannt.

Minus-Argumente

6. Akzeptanz

6.1 Es bleibt ein Eingriff in die Landschaft, wenn auch ein weit kleinerer als bei den üblichen Pumpspeicherwerken.

6.2 Wie immer, wenn etwas Neues und so Großes umgesetzt werden soll, wird es Widerstand gegen Veränderungen geben. Manchmal mit sachlichen Argumenten, manchmal aber auch rein aus Angst vor Veränderung.

7. Initiative

7.1 Prof. Heindl hat sein geniales Konzept schon vor rund zehn Jahren vorgestellt. Es gibt viele Interessenten, aber es gibt noch keine Pilotanlage. Es gibt also NOCH Bedenken bei den potenziellen Investoren.

7.2 Und natürlich gibt es konkurrierende Konzepte der Stromspeicherung, so etwa Wasserstoffspeicher, Wärmespeicher, Druckluftspeicher und kryogene Speicher.

Fazit

Sie sehen: Energiespeichertechnologien haben in Zukunft noch viel Luft nach oben – oder eben unten. Weltweit entstehen vielversprechende Konzepte, so dass die vieldiskutierte Stromlücke wahrscheinlich nie entstehen wird.

Werden Lage-Energie-Speicher dieser Art zu einem Zukunftsmarkt? Das hängt von Ihnen ab. Es braucht unternehmerische Initiative. Das ist praktisch das Einzige, was hier wirklich fehlt.

Teilen Sie diesen Beitrag und das Video möglichst weit und breit, vielleicht findet sich ja eine Unternehmerin oder ein Investor, der Lust, Geld und Mut hat, diese faszinierende Idee zu verwirklichen.

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Ich wünsche Ihnen eine glänzende Zukunft!

Have a bright future!

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Quellen

  1. https://heindl-energy.com/
  2. https://heindl-energy.com/wp-content/uploads/2018/10/LCOS_GravityStorage-II-Okt-2018.pdf
  3. https://www.youtube.com/watch?v=XF7mbEsEP04
  4. https://www.youtube.com/watch?v=ObvQFX6noDw
  5. https://www.youtube.com/watch?v=AFCm-xp3fFM
  6. https://www.youtube.com/watch?v=DOAnn5sYo1k
  7. https://www.youtube.com/watch?v=IZqUut5rNaY
  8. https://www.youtube.com/watch?v=m3p_daUDvI8&list=PL7BE25BF8B7D10D02