11 Fragen und Antworten aus der IT-Perspektive
Interview mit Prof. Dr. Pero Mićić, CEO der FutureManagementGroup AG in Eltville am Rhein durch Ralf Fischinger und Dieter Rieken von Dätwyler IT Infra.
Sie sagen, dass Führungskräfte ein attraktives und überzeugendes Zukunftsbild brauchen. Welche Rolle soll KI darin spielen?
Ein wirksames Zukunftsbild mit KI soll Zukunftsfreude erzeugen. Sonst überwiegt die Zukunftsangst, die Menschen und Organisationen lähmt. Es zeigt glaubwürdig, wie Menschen durch KI entlastet werden, um sich auf ihre Stärken zu konzentrieren: Kreativität, Empathie, Führung. Es macht klar, dass KI langfristig mehr Lebensqualität erzeugt. Alle Aktivitäten müssen auf das Zukunftsbild zulaufen.
Wie kann durch KI ein Benefit entstehen, der auch mehr Umsatz und Gewinn bringt?
KI ist ein Verstärker für unser Gehirn. Buchstäblich alles, was wir mit unserem Gehirn tun, kann und wird durch KI besser, kreativer, schneller, sicherer und billiger: Kundenprobleme identifizieren, verstehen, hochindividuelle Lösungen entwickeln und implementieren. Zudem werden praktisch alle Prozesse effizienter und auch produktiver. Wichtig: Es gibt kein „danach“. KI ist und bleibt eine ständige Aufgabe.
Wie können Unternehmen Ihr Eltviller Modell nutzen, um greifbare, zukunftssichere KI-Strategien zu entwickeln?
Mit der blauen Zukunftsbrille erkennen und verstehen Unternehmen, wie KI ihre Branche verändert. Mit der roten, wo welche überraschenden KI-Risiken lauern. Die grüne zeigt neue Chancen. Die gelbe definiert eine erstrebte KI-Zukunft. Und die violette formt daraus eine robuste Strategie. So wird Unsicherheit zur Gestaltungschance.
Wie dringend müssen angesichts der enormen Datenmengen für KI die IT-Kapazitäten ausgebaut werden?
Extrem dringend. KI braucht eine solide und skalierbare digitale Infrastruktur wie eine Fabrik Strom. Sonst können Sie das Potenzial von KI nicht vollumfänglich nutzen und fallen gegenüber Wettbewerbern zurück. In diesem Feld wird es faszinierende Innovationen geben. In Zukunft werden beispielsweise die KI-Inferenz-Computer in Fahrzeugen zu virtuellen KI-Trainingszentren zusammengeschaltet.
Was ist der größte Engpass beim Aufbau einer KI-fähigen Infrastruktur?
Der größte Engpass ist nicht Technik, sondern das Denken. Viele unterschätzen die strategische Bedeutung digitaler Infrastruktur. Sie wird als IT-Thema delegiert, statt als Führungsaufgabe behandelt. Doch ohne digitalen Unterbau bleibt jede KI-Initiative Stückwerk. Zukunftssicherheit beginnt immer im Kopf. Das Scheitern auch.
Wie können Unternehmen beim Einsatz von KI ihre Datenhoheit behalten?
Wer wirkliche Datensicherheit will, muss KI in hybriden oder privaten Infrastrukturen betreiben. Public Clouds sind bequem, aber riskant. Denn leider sind beispielsweise unsere amerikanischen Freunde gerade eher schwierig geworden. Von Cyberhackern feindlicher Regime ganz zu schweigen. Sensible Prozesse gehören in eigene Rechenzentren oder souveräne Clouds.
Wie bringt man den steigenden Energieverbrauch durch KI mit einer zukunftsfähigen IT-Strategie in Einklang?
Vielleicht werden photonische Chips dereinst den Stromverbrauch pro Token auf ein Hundertstel senken. Aber bis dahin müssen alle KI-Ressourcen natürlich auf Energieeffizienz getrimmt werden. Auf Grünstrom, Wärmerückgewinnung und modulare Architekturen setzen. Je effizienter die Hardware und die Algorithmen, desto kleiner der Fußabdruck.
Welche Branchen können und werden die größten Wettbewerbsvorteile erzielen?
Die größten Vorteile erzielen Branchen mit hohem Datenaufkommen und viel Wissensarbeit: Beispielsweise Gesundheit, Finanzwesen, Industrie, Logistik, Consulting. Zudem wird KI ja gerade „körperlich“ in Form von KI-gesteuerten Fahrzeugen, Industrierobotern und humanoiden Robotern. Insgesamt betrachtet gibt es praktisch keine Branche, die nicht durch KI massiv profitieren kann. Es hängt vom jeweiligen Führungsteam ab, ob das auch stattfindet.
Was ist die größte organisatorische oder kulturelle Herausforderung, um aus dem KI-Wandel als Gewinner hervorzugehen?
Die größte Hürde ist offensichtlich die Haltung der Menschen. Wer das Alte und Vertraute mehr liebt als das Neue und Bessere, wird sich gegen KI wehren und sich verweigern. Oft in einer Weise, dass man es von außen gar nicht sieht. Daher nochmal meine Forderung und Empfehlung. Die zentrale Aufgabe des Führungsteams besteht darin, die nächste Ära des Unternehmens mit professionellstem KI-Einsatz als Zukunftsbild zu entwickeln, selbst Zukunftsfreude zu verbreiten und das Team darauf einzuschwören.
Ein Großteil der KI-Projekte scheitert. Es wird kein Mehrwert generiert. Wie werden KI-Projekte erfolgreicher?
KI ist weder ein Projekt, noch ist es eine Transformation, die ein Ende hat. Ab jetzt und für immer ist KI der Booster für jedes Gehirn im Unternehmen. Erster Startpunkt: Den Mitarbeitern die mühsamsten, langweiligsten, schwierigsten Aufgaben mit KI erleichtern. Jeden Einzelnen ermutigen und befähigen, KI genau dafür zu nutzen. Zweiter Startpunkt: KI für bessere Lösungen der brennendsten Kunden-Probleme einsetzen. Wenn das scheitert, liegt es nicht an KI.
Was ist Ihre zentrale Botschaft für das Management der KI-Zukunft?
Ihre wichtigste Aufgabe als Leader, und auch die einzige, die Sie nicht delegieren können, besteht darin, sich mit ihrem Team ein Bild von der nächsten Ära Ihres Unternehmens zu entwickeln. Ein Unternehmen, das mit KI enormen Kundennutzen liefert, hochproduktiv ist und in dem die Arbeit Freude macht. Dann muss dieses Zukunftsbild in jedem Mitarbeitenden wirksam werden und Zukunftsfreude erzeugen.
