Humanoide Roboter: Wie werden sie lernen? (Teil 3)

Dr. Pero Mićić

Wie werden humanoide Roboter lernen? Wie werden sie intelligent? Und wie schnell passiert das?

Hast du die nächste technologische Revolution auf dem Schirm? Intelligente humanoide Roboter. Sie werden unsere Arbeitswelt und damit auch die Gesellschaft grundlegend verändern. Wie immer mit solch nützlichen Technologien: Wir werden sie nicht aufhalten können. Du und dein Unternehmen, ihr müsst jetzt beginnen, euch auf diese neue Ära vorzubereiten.

Humanoide Roboter: Erste Prototypen im Einsatz

Schon arbeiten die ersten Prototypen humanoider Roboter bei ziemlich konservativen Unternehmen. Bei Mercedes arbeitet Apollo von Apptronik. Bei BMW wird Figure von Figure AI eingesetzt. Und Nio hat humanoide Roboter von UBTech rekrutiert. Das sieht alles noch ziemlich ungelenk aus, aber es ist ein vielversprechender Anfang.

In den ersten beiden Beiträgen zu humanoiden Robotern habe ich zwei Fragen beantwortet: Werden die körperlichen Fähigkeiten der Humanoiden ausreichen, um praktisch jede körperliche Arbeit zu übernehmen? Die Antwort ist ein klares Ja. Und werden sie intelligent genug sein, um alles für uns zu erledigen? Auch hier ist die Antwort ein klares Ja. Je langfristiger wir hier denken, desto eindeutiger ist, dass Millionen und gar Milliarden humanoider Roboter für uns arbeiten werden. Die Links zu den ersten beiden Beiträgen der Reihe zu humanoiden Robotern finden sich am Ende des Artikels.

Die chinesische Regierung will mit humanoiden Roboter in den nächsten drei bis vier Jahren Weltmarktführer werden. Und zwar mit Robotern, die “denken, lernen und innovativ” sein können. Lernen und innovativ sein? Wie soll das gehen?

Intelligente humanoide Roboter lernen direkt vom Körper des Menschen

Mit einem Motion-Capture-Anzug kann man die Bewegungen eines Menschen im Detail erfassen, die Daten an das neuronale Netz eines Roboters übertragen und ihn damit trainieren. So lernen Roboter beispielsweise so gut tanzen, dass sie wiederum uns das Tanzen beibringen können, mit all der Geduld, die man bei manchen talentfreien Tanzschülern so braucht.

Wenn man Tausende oder gar Millionen von Arbeitsvorgängen eines Klempners oder – noch einfacher – eines Fließbandarbeiters auf diese Weise eingegeben hat, kann der Roboter das auch. Noch besser sogar. Und die anderen Millionen Roboter kopieren sich dieses Können einfach. Es ist nur eine Frage der Zeit und der Rechenleistung, dass wir auf diese Weise so gut wie jede menschliche Bewegung einem humanoiden Roboter beibringen können.

Intelligente humanoide Roboter lernen durch Beobachtung des Menschen

Das heißt konkret, dass die Roboter einfach Videos guter Arbeit “ansehen”. Imitation Learning nennt man das. Tesla trainiert seine KI für autonome Fahrzeuge seit der Version 12 von “Full Self Driving” end to end. Das neuronale Netz schaut Millionen Stunden von 360-Grad-Videos, die zeigen, wie gute Fahrer in den verschiedensten Situationen agieren. Woher weiß man, welche Fahrer gute Fahrer sind? Gute Fahrer identifiziert Tesla durch einen Safety Score. Wer zu dicht auffährt, zu schnell fährt, oft Kollisionswarnungen bekommt und hart bremst, der ist weit entfernt vom Höchstwert 100. Dessen Videos werden dann nicht für das Training der KI verwendet. Andere Firmen verfolgen ähnliche Ansätze. Aber Tesla hat mit hundertfachem Abstand den größten Schatz an Realwelt-Videodaten aller Anbieter weltweit. Über 5 Millionen Fahrzeuge sammeln täglich unvorstellbare Mengen an Video-Daten.

Wie trainiert man Situationen, die extrem selten vorkommen? Durch Text to Video. Sora von OpenAI zeigt, wie du mit zwei drei Zeilen Text ein beliebiges Video erzeugen kannst. Ähnlich wird das mit Text to 3D funktionieren. Dabei erzeugt die KI eine virtuelle Simulation. So können die Entwickler selbst die verrücktesten Verkehrssituationen simulieren, also künstliche Videos für das Training der Autos erzeugen. So kommen sie ihrem Ziel immer näher, dass die KI zehn mal besser und sicherer fährt als ein Mensch.

Genau die gleiche KI-Technologie, die sich im extrem komplexen Stadtverkehr immer besser schlägt, kommt jetzt in die Gehirne der humanoiden Roboter. Was ist einfacher? Autofahren in der Großstadt oder Arbeit in der Fabrik, im Handwerk, im Garten, in der Gastronomie oder im Haushalt? Genau. Was ein Roboter können muss, ist in der einzelnen Fähigkeit weniger komplex als der Großstadtverkehr. Und was ist weniger gefährlich? So dass man die Bots mit mehr Risikobereitschaft und damit viel schneller einführen kann? Genau. Weil wir beim autonomen Fahren schon so weit sind, werden die Humanoiden bald in den Fabriken arbeiten, dann im Service und schließlich bei uns zuhause.

Wir haben das schon in den 2000er Jahren gesagt: Die Roboter werden lernen wie die Kinder. Durch Imitation. Indem sie uns live zusehen oder Videos unserer Tätigkeit sehen und uns nachahmen. Wie bedienen Menschen diese Produktionsmaschine? Wie liefern Menschen Pakete aus? Wie räumen Menschen eine Spülmaschine ein und aus? Da gibt es ja in jedem Haushalt unterschiedliche Strategien, vor allem für das Einräumen :). Mit Millionen Stunden 360-Grad-Videos an Input wird der KI-Roboter sehr schnell besser und sicherer sein als jeder Mensch.

Intelligente humanoide Roboter lernen von selbst

KI und Roboter werden schon seit Jahrzehnten über maschinelles Lernen trainiert. Aber jetzt lernen sie immer mehr von selbst. Durch so genanntes Reinforcement Learning. Sie werden für Erfolge belohnt und für Fehler bestraft. Sie sind Autodidakten. Dann brauchen sie noch nicht einmal uns Menschen als Lehrer.

Erinnerst du dich, wie die KI AlphaGo den Weltmeister im Spiel Go besiegte? Go ist viel komplexer als Schach. Seit 2019 haben menschliche Go-Spieler keine Chance gegen die KI. Diese Fähigkeit erlernte die KI praktisch von alleine, ohne dass Menschen sie trainieren mussten. Ein Go-Großmeister wird man nach einem halben Menschenleben, in 30-40 Jahren. AlphaGo wurde ein Super-Großmeister in nur 40 Tagen. Ohne dass ein Mensch es ihm beigebracht hat.

Ein Team bei Google Deepmind hat es schon 2021 geschafft, dass eine KI selbst Fußball spielen lernte. Am Anfang waren die KI-Spieler noch unfähige, wild zappelnde digitale Wesen. Sie mussten mit ihren 56 Gelenken erst lernen, sich wie echte Menschen zu bewegen. Dafür wurden der KI einfach nur 105 Minuten Videos von Fußballspielen gezeigt. Daraus lernten die KI-Spieler, sich perfekt zu bewegen. Nach drei Tagen Training sah das schon deutlich besser aus. Die drei Tage entsprechen 5 Jahren simulierter Spiele. Zunächst lernten die KI-Spieler mit dem Ball umzugehen, zu dribbeln und den Lauf des Balls vorherzubestimmen. Und nach 50 Tagen Training, also nach rund 80 Jahren simulierter Spiele?
Die KI-Spieler lernten, die Bewegungen der anderen Spieler zu erkennen und zu verstehen. Und schließlich lernten die KI-Spieler, miteinander zu kooperieren, um gegen das gegnerische Team zu gewinnen. Sie lernen aus Fehlern und Erfolgen, wie sie am besten Tore erzielen. Die Zahl der Tore war als Belohnung vorgegeben. Der Ausweitung auf 22 Spieler mit echter Aus-Linie, Abseitsregel und so weiter steht technisch nichts im Wege, außer Rechenleistung und Energie.

Die erstaunlichen KI-Fähigkeiten auf die Körperbewegungen von Robotern zu übertragen, ist selbstverständlich alles andere als leicht und einfach. Aber auch dabei hilft KI. Und viel Trainingszeit. Wohlgemerkt, die Aufgaben von Humanoiden werden zunächst einmal in Produktion und Logistik liegen. Und die sind deutlich weniger komplex als ein Fußballspiel.

Diese Art des Lernens kennt praktisch nur drei limitierende Faktoren. Die Verfügbarkeit von Videos der zu trainierenden Tätigkeit. Die entsprechende Rechenleistung und die Energie. Es fließen immer mehr Milliarden an Investitionen in die Gewinnung von Daten, in KI-Chips und in regenerative Energie. Mit diesen enormen Investitionen sind alle drei Faktoren so gut wie unbegrenzt verfügbar.

Intelligente humanoide Roboter lernen voneinander

Wir Menschen müssen unsere Fähigkeiten jeder einzeln für sich lernen. Dafür gehen wir viele Jahre zur Schule, studieren und machen Ausbildungen und Trainings. Wenn ein Mitarbeitender dein Unternehmen verlässt, ist sein oder ihr Wissen für dein Unternehmen verloren. Wenn wir sterben, ist unser Wissen und Können für die Welt verloren. Die nächste Generation kann zwar auf dem Vorwissen aufbauen, aber jeder einzelne Mensch muss alles neu lernen.

Nicht so KI und Roboter. Wenn ein Roboter gelernt hat, Spülmaschinen einzuräumen und auszuräumen oder Kaffee zu kochen, kann diese Fähigkeit sofort auf alle anderen Roboter der gleichen Art übertragen werden. Sie müssen noch nicht einmal auf allen existierenden Maschinen trainiert worden sein. Sie können von der Bedienung einer Spülmaschine oder Kaffeemaschine auf die einer unbekannten Maschine schließen. Was ein Roboter lernt und beherrscht, kann man als Skill, englisch für Fähigkeit, speichern und es auf einer Plattform für Roboter-Skills veröffentlichen. Jeder Roboter des gleichen Herstellers kann diese Skill herunterladen und hat sofort selbst die Fähigkeit, die andere Roboter entwickelt haben. Das wird auch Herstellerübergreifend funktionieren. Dafür bietet NVidia das Gr00t Foundation Model und die Isaac Roboter Platform.

Diese Übertragung von Fähigkeiten von einem Roboter zum anderen passiert ohne jahrelange Ausbildung. Und humanoide Roboter vergessen und verlernen die Fähigkeit nie. Im Gegenteil, durch Updates werden sie darin immer besser. Vergessen werden sie nur das an Wissen und Können, was veraltet ist. Die Fähigkeiten der KI-Roboter werden kumuliert. Die Fähigkeiten der Menschen müssen weitgehend immer wieder neu aufgebaut werden. Man kann gar nicht überschätzen, mit welcher immensen Geschwindigkeit intelligente humanoide Roboter immer fähiger werden. Und das alles zu minimalen Kosten, wenn man es mit den Kosten für menschliche Arbeit vergleicht.

Und jetzt?

Was bedeutet das alles für dich und deine Branche? Was kannst du jetzt tun? Wir wissen jetzt, dass die Fähigkeiten der humanoiden Roboter sehr schnell wachsen werden. Viel schneller als wir es uns heute vorstellen können. Wir haben in vorhergehenden Beiträgen festgestellt, dass es sehr gute Gründe für die Annahme gibt, dass intelligente humanoide Roboter wegen ihrer physischen und kognitiven Fähigkeiten zunehmend für uns arbeiten werden. In Fabriken, in der Logistik, auf Baustellen, im Service und auch bei uns zuhause. Ein einziger humanoider Roboter kann bis zu zehnfach mehr leisten als ein Mensch.

Die Arbeitswelt und die Gesellschaft werden in den kommenden Jahren enorm transformiert. Und damit auch dein Job und dein Unternehmen. Ob du etwas produzierst, in der Logistik tätig bist, in einem Bauunternehmen arbeitest oder ein Restaurant betreibst.

Wenn du und dein Team am liebsten alles beim Alten lassen würdet, wenn ihr euch nötigen Veränderungen aus emotionalen Gründen möglichst lange verweigert, werden die Zukunftsängste immer größer. Wer sich als Opfer des Wandels versteht, entwickelt Zukunftsängste. Natürlich musst du dein Geschäfts heute nicht gleich auf den Kopf stellen, weil bald die humanoiden Roboter kommen. Aber ich empfehle dir, ganz gezielt begründete Zukunftsfreude in deinem Team zu entwickeln. Zukunftsfreude auf eine neue spannende Ära. Dann fällt euch die Transformation leichter, dann geht es schneller, billiger und macht mehr Spaß.

Fassen wir zusammen:

  1. Erster Effekt: Mehr Effizienz – weniger Arbeitsplätze: Die gleiche Leistung kann mit viel weniger menschlicher Arbeitskraft erbracht werden. Das ist Effizienz. Das kostet Arbeitsplätze und wirft viele gesellschaftliche Fragen auf, denen wir uns in einem weiteren Beitrag widmen.
  2. Zweiter Effekt: Mehr Produktivität – gleich viele Arbeitsplätze: Mit deinem Team kannst du aber auch viel mehr leisten. Das ist Produktivität, und sie erhält Arbeitsplätze. Schaue bei KI und Robotik vor allem auf die Produktivität. Dann führen KI und Robotik nicht unbedingt zu weniger Jobs in Deinem Unternehmen und in der Wirtschaft. Kann es eine grenzenlose Produktivität geben? Nun ja, nicht, wenn wir darunter noch mehr Produkte und noch mehr Ressourcenverbrauch verstehen. Aber sehr wohl, wenn damit die Lebensqualität der Menschen zunimmt. Lebensqualität ist das Einzige, was ewig wachsen darf und soll.
  3. Maßnahme: Strategie und Geschäftsmodell neu entwickeln. Deine Strategie und dein Geschäftsmodell wirst du angesichts von KI und humanoider Roboter neu denken und entwickeln müssen. Allein schon, um nicht zurückzufallen und eure Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.
  4. Empfehlung: Jetzt beginnen – um im Spiel zu bleiben. Bereite dich und dein Team jetzt vor. Fangt unbedingt jetzt schon an, jedes Element eurer Prozesse zu durchdenken und zu lernen, wie ihr KI und Robotik in absehbarer Zeit produktiv einsetzen könnt. Im letzten Beitrag habe ich empfohlen, eine Matrix zu erstellen, mit all euren Prozessen auf einer Achse und den Jahren bis 2035 auf der anderen. Tragt dann in Prozent eure Einschätzung ein, wann und wie stark KI und humanoide Roboter die Tätigkeiten im jeweiligen Prozess übernehmen können.
  5. Deine Gedanken und Fragen: Wie siehst du die Zukunft mit humanoiden Robotern? Wenn du Anregungen und Fragen hast, schreibe mir bitte.
  6. Werde Mitglied der Bright Future Leaders. Das ist unsere Community der zukunftsweisenden Führungskräfte. Du bekommst regelmäßig und kostenlos Tipps und Strategien, um dich und dein Unternehmen zukunftssicherer zu machen.
  7. Schaue dir hier alle Beiträge zu Robotik an:
    Humanoide Roboter: Die Lösung für den Arbeitskräfte-Mangel? (Teil 1)
    Humanoide Roboter: Wie intelligent werden sie sein? (Teil 2)

Ich wünsche dir eine glänzende Zukunft: Have a bright future!

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